Die Schlachten bei Arbalo, Teutoburgiensis Saltus, Campus Idistaviso und der Hildesheimer Silberfund

Lupias (Λουπίας)

  1. Dingelber Klunkau, Lupia(s) = Lobja = Elbe
    1. Etymologie des Ortsnamens
  2. Alpe
    1. Lobke
    2. Luppenstede
    3. Mündung der Alpe in den Bruchgraben

Wo lag der Lupias, der zweite von Cassius Dio genannte Fluss, der sich mit dem Elison  vereinigt?

Ortelius' Karte des alten Deutschlands

Lupias ( Λουπίας, lateinisch: Lupia ) ist ohne Zweifel gewöhnlich mit Lippe zu übersetzen. 1 Man hat den Zusammenfluss von Lupias bisher an der Lippe gesucht, aber nicht gefunden. Daher nehmen wir an, dass hier mit Lupia ausnahmsweise nicht die Lippe gemeint ist.

Ding elbe r Klunkau, Lupia(s)  = Lobja  = Elbe

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In der [de]Geographike Hyphegesis des Claudius Ptolemäus (Κλαύδιος Πτολεμαῖος)  ist ein Ort Luppia (Λουππία) 3 unter den Koordinaten 34°30' östlich der Kanarischen Inseln (Inseln der Seligen) und 52°45' nördlicher Breite eingetragen. Ausgehend von zwei Orten, deren heutige Lage genau bekannt ist, können wir seinen ptolemäischen Längengrad in den Längengrad östlich von Greenwich umrechnen 4 ) : 10°7' östlich von Greenwich. Außerdem wissen wir, dass Drusus auf dem Hellweg vorrückte. Wir suchen also einen Ort am Hellweg mit der Länge 10°7'. Ding elbe  erfüllt diese Bedingung: Seine Kirche hat die östliche Länge 10°7'53''. Nicht nur seine Lage, sondern auch sein ähnlicher Name legen nahe, dass es sich um Luppias  handelt.

52° 10′ 20" N 10° 8′ 0" O Dingelbe Bing Maps GeoHack Google Maps Mapquest Yahoo Maps

Etymologie des Ortsnamens

Dingelbe hieß einst Elvede / Elvethe 5  Das Ortsnamensuffix de  findet man bei Orten, die nach einem geographischen Merkmal (aber nicht nach einer Person) benannt sind.

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Das Bestimmungswort Elbe  ist ein alter indogermanischer Flussname: 7 vom Westen ( Alba in Spanien) zum Osten ( Elbentas in Litauen), vom Norden ( Älv  ist im Schwedischen die Gattungsbezeichnung für Fluss ) zum Süden (Rom lag an der Albula , am Elblein , bis sie in Tiber  umbenannt wurde 8 )

Die Dingelber  Klunkau hieß also einst Elbe .

Elbe  in verschiedenen Sprachen
deutsch Elbe
lateinisch Albis
tschechisch Labe
polabisch 9 Laby
niedersorbisch Łobje
obersorbisch Łobjo
… folglich …
altgriechisch Lupias
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Die Tabelle zeigt, dass sich Elbe  auf Lupias  zurückführen lässt. Zwar handelt es sich um einen anderen Fluss gleichen Namens, aber die Transformation bleibt die gleiche. Das Wandern des Halbvokals L  an die zweite Stelle ist nicht ungewöhnlich: Deutsch Wolf  entspricht lateinisch Lupus . 11

Die Ding elber  Klunkau kreuzt den Hellweg am Rande von Garbolzum bei 10°07'17", also exakt dort, wo sich nach den Koordinaten des Ptolemaios Luppias  befindet.

Damit ist der Zusammenfluss von Lupias  und Elison lokalisiert: Es ist der Zusammenfluss von Ilse und Elbe zwischen Arbalo = Garbolzum und Castra Scelerata = Schellerten neben dem Hellweg (Bundestraße 1).

Alpe

Lobke

Karte der Umgebung von Groß Lobke mit Alpebach, © Niedersachsen-Navigator

Wie das Beispiel Ilse / Ilsenbach zeigt, wird oft derselbe Name für Zweige desselben Flusssystems verwandt. Der Name Lupias hat sich im Namen Alpe eines Nebenbaches der Ilse und dem des Dorfes Lobke , durch das er fließt, erhalten; auf der Karte befindet es sich in der Nordostecke.

Das Dorf hieß einst Lo-Beke (Beke = Bach). Das P  ging vor B  verloren: Lop -Beke.

Groß-Lobke's erste urkundliche Erwähnung ist nicht eindeutig geklärt. Zu verschiedenen Zeiten erscheinen Namen, die auf erste Ansiedlungen hindeuten: 1117 Schuttelobeke, 1178 Süd- und Nord- Lobeke,  1307 Groß und Luttek-Lobeke. 12

Alpe  geht nach Kettner 13 auf Al-apa  zurück, das Lupias ähnlich ist.

Luppenstede

Johann Ludwig Klüber: Versuch über die Geschichte der Gerichtslehen, Erlangen, 1785, Seite 82 14

Die Wüstung Loppenstedt , 1274 Luppenstede  lag ebenfalls an der Alpe zwischen Bledeln und Algermissen; zur Lage siehe [de]Loppenstedt . Dort lokalisierte Mehlis 15 Luppia (Λουππία) .

Bei Algermissen gefundenes hölzernes Objekt aus dem Jahre 10 n. Chr.. Wachtturm bei Vechten, fotografiert von Niels Bosboom. 16

Nicht weit davon wurde im Jahre 1923 beim Bau des Hildesheimer Stichkanals bei der inzwischen abgerissenen Silobrücke   (auf der Karte die südlichste der vier Brücken) ein hölzernes Objekt aus dem Jahre 10 n. Chr. gefunden, 17 das im Heimatmuseum in Algermissen ausgestellt ist. Es wird als Zisterne gedeutet. 18 Ob es römischen Ursprungs ist, ist ungewiss; immerhin ist es großer Zufall, dass die Datierung genau in die Zeit nach der Varusschlacht fällt, als sich römische Stützpunkte plötzlich isoliert im Feindesland vorfanden. Der erhaltene Teil des Objekt ist mit über 3 m wesentlich höher, als der Bildausschnitt zeigt. Das Objekt erinnert an einen sehr einfachen römischen Wachtturm (vgl. die Rekonstruktion bei Vechten). Es lag, wie die Karte zeigt, an einer erhöhten Stelle.

Mündung der Alpe in den Bruchgraben

Die Alpe  mündet am Südwestrand der Karte neben der Autobahn 7 in den Bruchgraben = Ilse  = Elison . Der Weg von Algermissen über die Silobrücke, wo die Zisterne gefunden wurde, führt dorthin. War etwa hier der Zusammenfluss von Lupias  und Elison ? In der ersten Ausgabe dieses Web-Essays im Jahre 2000 nahm ich das noch an; dagegen spricht die Lage: nicht neben dem Hellweg, wie in Schellerten, sondern 1 - 2 km von der minder bedeutenden Braunschweiger Heerstraße entfernt in einem unwegsamen Sumpfgelände.

Dass Luppenstede  und Lobeke  an der Alpe   lagen und der durch Dingelbe  fließende Bach zum selben Flusssystem gehört, sehe ich als ein weiteres Indiz für die Äquivalenz Lupias  = Elbe  an.


1 Die Endung S  im Nominativ erklärt sich daraus, dass im Altgriechischen alle Flüsse männlich sind, auch wenn sie – wie Lupias – der A-Deklination angehören.

2 Schellerten und Umgebung, , © Niedersachsen-Navigator, mit Eintragungen von J. Regel, http://www.lgn.niedersachsen.de

3 Luppia  kann kein Fluss sein, sonst wäre es männlich und endete im Nominativ auf S . Er lag auch nicht an der Lippe, sondern östlich der Weser (siehe Karte des Ortelius).

4 Im Kapitel Tropaia Drusu  ist die Methode der Koordinatenumrechnung ausführlich erläutert.

5 Schellerten-Dingelbe (Internet-Präsenz der Gemeinde) http://www.schellerten.de/dingelbe.htm .

6

-ede, -de, -da, -te, -ta, -t: Kollektivsuffix, das aus örtlichen Gegebenheiten Siedlungsnamen bildet, z.B. Eschede, Apolda ('Ort, wo Äpfel wachsen/Apfelbäume stehen' vergl. lateinisch arboretum 'Baumgarten' zu arbor 'Baum'), Ebnet/Ebnit/Ebnat (zu althochdeutsch ëbanôti 'Ebene'); aber auch Substantive aus Verben, z.B. Freude zu freuen, Gebäude zu bauen.
[de]Ortsname .

7 http://en.wiktionary.org/wiki/Appendix:Proto-Germanic/albij%C5%8D

8 Das folgende Distichon beschreibt die Umbenennung der Albula in Tiber:

[la]

Albula, quem Tiberim mersus Tiberinus in undis

reddidit, hibernis forte tumebat aquis

Ovid: Fasti 2.

9 Die Polaben, ein kleines westslawisches Volk, siedelten an der Elbe = po Labe .

10 Da Lupia  meist auch der Lippe  entspricht, ergibt sich als Corollar, dass Lippe  und Elbe  etymologisch äquivalent sind. In beiden Fällen hat das i , bevor es verschwand, den ersten Vokal aufgehellt (Umlaut): Lupia ↣ Lippe, Lupia ↣ Elbe.

11 Die wissenschaftliche Bezeichnung für dieses Phänomen ist [de]Liquida-Metathese

12 Groß-Lobke (Internet-Präsenz der Gemeinde) http://www.gross-lobke.de . .

13 Kettner, Bernd-Ulrich: Flussnamen im Stromgebiet der oberen und mittleren Leine; Verlag C. Bösendahl; Rinteln; 1972; Seite 357

14 Johann Ludwig Klüber: Versuch über die Geschichte der Gerichtslehen, Erlangen, 1785, Seite 82

15 Mehlis, Christian: Des Claudius Ptolemaeus "Geographia und die Rhein-Weserlandschaft; in: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in München, 13. Band, 1. Heft, 1918; zitiert nach Lelgemann."

16 Niels Bosboom: Roman watchtower near Vechten Utrecht.   http://www.panoramio.com/photo/3640019

17Wissenschaftler der Universität Göttingen haben ermittelt, dass sie aus einer im Jahre 10 n. Chr. gefällten Eiche hergestellt wurde.

18 http://www.hildesheimer-allgemeine.de/algermissen.html