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Fazit des Abschnitts Teutoburg
Der heute so genannte Teutoburger Wald hieß Osning und erhielt seinen Namen im 17. Jahrhundert von Philipp Clüver. Ferdinand von Fürstenberg, Fürstbischof von Paderborn und Münster, setzte diesen Namen dann durch. Der Teutoburgiensis saltus ist also nicht notwendig mit ihm identisch.
Teutoburgiensis lässt sich nicht nur, wie allgemein üblich, als Volksburg herleiten 1 ; möglich ist auch die Herleitung vom Gott Tuisto .
Ich stelle die These auf, dass der Teutoburgiensis saltus der Thüster Berg ist.
Ältere Schreibweisen sind:
Thüeste, Duiste
.
2
, sowie nicht ganz sicher
Tiuguste, Thiuguste
3
Man beachte, dass sich das
G
in
Tiuguste
, so wie es zur Zeitenwende ausgesprochen wurde, im Lateinischen
nicht
darstellen ließ, wie im
Kapitel Arbalo
erläutert. Die Vertauschung von
u
und
e/i
in
Thueste
/
Teuto
wäre damit erklärt.
Die Ortschaft Thüste besitzt den ältesten Siedlungsnamen im Flecken.
Wahrscheinlich ist, dass Thüste eine Cheruskersiedlung mit dem Namen
Tiusti
war.
4
Ich vermute, dass der Ortsname Thüste sich vom Namen des Gottes Tuisto ableitet.
erwähnt in seiner Germanica, 2 den erdentsprossenen Gott Tuisto , in einigen Abschriften auch Tuisco :
[la]
Celebrant carminibus antiquis, quod unum apud illos memoriae et
annalium
genus est, Tuistonem deum terra editum. Ei filium Mannum,
originem gentis
conditoremque, Manno tris filios adsignant, e quorum
nominibus proximi Oceano
Ingaevones, medii Herminones, ceteri
Istaevones vocentur.
5
[de]
Sie feiern in alten Gesängen, was bei
ihnen eine Art des
Gedenkens und
der
geschichtlichen Aufzeichnung ist,
den Tuisto als
aus der Erde
entsprossenen
Gott. Ihm ordnen sie einen
Sohn namens Mann
zu,
den
Ursprung und Gründer des
Menschengeschlechts,
und dem Manne drei
Söhne,
nach deren Namen die dem Ozean
nächsten
Ingväonen, die ihm
zweitnächsten
Hermionen
6
und als übrige die Istväonen
benannt sind.
Übersetzt von
vermutete die Äquivalenz von Tuisto, Tuisco und Teuto:
Übrig bleibt nun des Mannus eigner vater, der erdgeborne Tuisco. wie wenn das wort gleich mannisco gebildet und verkürzt aus tiudisco wäre? nicht unähnlich machte die altfranz. sprache Thyois, Tyois, Tiois aus Tydois, Thionville aus Thiodonisvilla. der gott hieße in goth. mundart Thiudisla, in hochdeutscher Diutisvo, der aus dem volk (límala, cliot) selbst entsprossene. mit Tiulisco könnte der volksname Teuto , Tiuto (ahd. Dieto) nah verwandt sein. 7
Tuisto ist wahrscheinlich mit dem keltischen Gott Teutates identisch; zu deuten entweder wie allgemein üblich als Teut|ates = Volksvater oder — wozu ich tendiere — Teu|tates = griechisch Zeus pater, germ. Tiu/Ziu-Vater, lat. Iupiter (vgl. walisisch tad = Vater, englisch dad = Vater).
Um die Zeitenwende lag Thüste im Übergangsbereich zwischen Kelten und Germanen.
Ausbreitung der Germanen ins Gebiet der Kelten nach Putzger [2000], Seite 85. |
Ob Varus mit seinem Heer aus der Gegend um Hildesheim nach Westen in Richtung Castra Vetera oder aus der Gegend um Hameln nach Südosten in Richtung Mainz zog — er passierte den nach dem Ort benannten Thüster Berg 8 , einen Höhenrücken, der nach Nordosten in einen markanten, seit langer Zeit als Steinbruch genutzten Felsen ausläuft. Man findet ihn am westlichen Rande der Karte. 9
10Die geographische Lage und die etymologische Herleitung spechen dafür, dass der Thüster Berg mit dem Teuto burgiensis saltus (Teutoburger Bergwald, ) identisch ist und dort die Überfälle auf die Legionen des Varus begannen. Annales I 60
Wenn bei Elze Tropaea Drusi lag, muss der Teutoburgiensis Saltus sich im Westen anschließen, wie auch die Karte des
zeigt.Bei Thüste gab es eine Burg. Sie ging um 1500 in Trümmer; die letzten Reste der Ruine fielen dem Steinbruch zum Opfer.
Jahr 1500: In Thüste steht auf der sogenannten "Borg" tatsächlich eine Steinburg, die um 1500 in Trümmer geht. Die Steine sind mit Gipsmörtel aus dem Weenzer Bruch fest zusammengefügt. Es handelte sich wahrscheinlich um eine frühmittelalterliche Anlage zur Wegekontrolle. 1923 wird hier eine Lanzenspitze gefunden. Heute ist leider nichts mehr von der Burg zu sehen.11
Die Thüster Burg kontrollierte im Mittelalter die sogenannte Rhein-Weser-Leine-Oker-Elbe-Straße, die die Leine bei Freden querte, unterhalb der Winzenburg durch den Römergrund verlief und weiter am Nordrand des Harzes in die Gegend von Quedlinburg / Halberstadt führte.
12Östlich von Thüste liegt ein Steinbruchgebiet, an dem der Name „die Burg“ haftet. Ihre Reste fielen dem bereits in den 1840er Jahren vorhandenen Steinabbau zum Opfer. Die Anlage soll die Form eines Ringwalles von 75 bis 80m Durchmesser und einen vorgelagerten Graben gehabt haben.13
Hier die sich aus dem obigen Zitat ergebende Lage der Thüster Burg in einigen Internet-Karten:
Auch wenn die Anlage im Mittelalter umgestaltet wurde, mag ihr Vorläufer die von überlieferte Teutoburg sein. Die Photographie, aufgenommen vom Südhang des Thüster Berges, zeigt die Reste des Steinbruchs, wo einst die Burg stand. (Annales I 60)
Nördlich oberhalb der Thüster Burg auf dem Thüster Berge befand sich der Altar des Gottes Tuisto :
14Wie schon bei der ältesten Besiedelung angegeben wurde, glaubten die alten Cherusker an den erdgeborenen Gott Tuisto, dem auf dem Thüster Berg ein Heiligtum gewidmet war: die Soleiche (Sol - von Suhle - von Wildschweinen durchwühlt). Die Reste der uralten, hohlen Eiche waren noch lange ein Unterschlupf von Eulen. Im Jahre 1932 pflanzte dicht daneben der alte C. Möhle eine junge Eiche, unter der eine Botschaft in einer Flasche vergraben ist mit Angaben über die damaligen Verhältnisse des Ortes. Auf dem Wege in der Ebnisse soll ein Steinaltar gewesen sein, der zum Teil abgetragen zum Teil versunken ist. Zu diesem führt auch der Hilligenweg, ein Pfad, der noch zu sehen ist.
… Daher waren viele Wälder und Berge dem Tuisto als Heiligtümer und Stätten der Anbetung und des Opfers geweiht. Und so auch der Platz auf der „Ebnis” (Ebene) im Thüster Walde, 2 Kilometer von dem heutigen Thüste, wo sich der Altar befand, auf dem Tuisto geopfert wurde. Noch jetzt ist neben der uralten „Sohleiche” (Sohl = Suhl, Sumpf) der heilige Ort zu erkennen. Der Altar selbst ist tief versunken, und ein Steinweg führt über ihn hin, aber die alte Sohleiche ist noch lebensfähig, obwohl sie vollkommen hohl, eine Brutstätte der Eulen ist.
1996 wurde wieder eine junge Eiche an Stelle der alten gepflanzt, 1997 ein Gedenkstein gesetzt. 15
So(h)l mit Suhle gleichzusetzen erscheint mir abwegig; ich plädiere für So(h)l = Säule . 16
Unmittelbar nördlich befindet sich ein kleiner Steinbruch, aus dessen Wand große quaderförmige Stücke herausgebrochen wurden. Östlich wird das Gelände sumpfig. Die dort dicht stehenden Brennesseln weisen auf Stickstoff und Phosphor im Boden hin, vielleicht auf die Reste der geopferten Tiere oder Menschen.
Vielleicht ist der Altar bei Thüste einer der von Tacitus erwähnten germanischen Opferaltäre, die Germanicus 15 n. Chr. im Saltus teutoburgiensis aufsuchte:
[la]Lucis propinquis barbarae arae, apud quas
tribunos
ac primorum ordinum centuriones mactaverant.
In den nahen Hainen barbarische Altäre, bei denen sie die Generäle und Stabsoffiziere geopfert hatten. 17
Annalen II 17 , dass Germanicus einen seinem Vater Drusus geweihten Altar in der Gegend um Aliso wiedererrichtet habe. Das Bild zeigt einen typischen römischen Grabesaltar jener Zeit. 18 Folgende Bedingungen helfen bei der Suche nach ihm:
erwähnt in denEs gibt einen einzigen Altar, auf den diese Bedingungen zutreffen: Den oben genannten Altar bei Thüste. Wegen seiner Lage mitten im Walde kommt er als ursprünglicher Standort des Drususaltar aber nicht in Frage.
Es liegt nahe, dass die Germanen nach dem Abzug des Germanicus den
Altar für
ihre eigenen sakralen Zwecke verwendeten, zur
Götterverehrung oder als Sockel
eines
Arminsdenkmals
, wie es Sebastian Münster dargestellt hat. Dazu schafften sie ihn in
eines
ihrer Heiligtümer, gewiss nicht allzu weit vom ursprünglichen
Standort.
erwähnt, dass auf dem Thüster Berg
ein Idolum oder Götze
gestanden habe.
20
Thüste ist berühmt für seinen wertvollen [de]Thüster Kalkstein , der bis in unsere Zeit für Grabdenkmäler verwendet worden ist. Er eignete sich für den Bau beider Altäre. Die Thüster Burg ist, wie oben geschrieben, einem Steinbruch für hochwertigen Stein gewichen. Sie wäre der ideale Standort für den Drususaltar gewesen.
Im Jahre 1891 wies
auf einem dazu sehr geeigneten Vorsprunge der Thüster Berge
hin.
21
Ein Luftbild eines möglichen Lagers nordwestlich Hemmendorf's und des Thüster Berges zwischen dem Ith und dem Hemmendorfer Ortsteil Heide findet sich bei 22
.Alte Namen des Ith s lauteten Igath, Gigath, Montes Niterini, Nithe-Mons / Nithe-Berg, Nieth . 23 Wenn man versucht, daraus eine gemeinsame Urform konstruieren, gelangt man zu GNIT(H)E . Das vom Ith im Westen, dem Thüster Berg im Südosten und dem Osterwald (Ort Heide) im Nordosten begrenzte Dreieck, das von salzigen Bächen durchzogen wird, wäre dann die Ith-Heide = Gniteheide . Dieses Wort ähnelt der im Nibelungenlied erwähnten Gnitaheide , auf der Siegfried den Lindwurm Fafner erschlug.
1
Das lat. Adjektiv Teutoburgiensis ist abgeleitet von
*Teutoburgium
"Volksburg", dessen erstes Glied über keltisch Teuto
von thiota "Volk,
Menschen" entlehnt ist. Das Gebirge heißt also
nach einer dort gelegenen
germanischen Fluchtburg.
: Geographische Namen in Deutschland. Dudenverlag.
Auch lateinisch [la]totus,-a,um = ganz, all stammt aus dieser Wurzel.
2 : Beschreibung der Saala …; Lemgo; 1744; Seite 43
3
Thüste bei Hameln, a. 1022 (Fälschung) Tiuguste, Thiuguste;
: Reallexikon der germanischen Altertumskunde;
Band 22;
Walter de Gruyter; 2003; Seite 242
4 [de]Salzhemmendorf, Geschichte
5 : De origine et situ Germanorum, II
6Zu den Hermionen gehörten auch die Cherusker.
7 : Deutsche Mythologie, Seite XXIX
8Der Thüster Berg liegt 45 km westlich Schellerten's und 35 km westlich Hildesheim's.
9 Photographie der Nordostkante des Thüster Berges (Steinbruch am Bockshorn) von Jared J. Myers
10 Niedersachsen-Navigator http://www.lgn.niedersachsen.de
11 http://www.salzhemmendorf.de/Chronik-von-Theste.html
12 : Höhenburg und Kalksteinbruch. : Ein letzter Kampf um d. Kanstein? - In: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen. - Hameln. - ISSN 0720-9835. - Jg. 8 (1988) S. 89-91 : 4 Abb.
13 : Rose und Radkreuz, Abschnitt über Thüste; http://www.kreisheimatbund-hildesheim.de/pages/bilder/rose-und-radkreuz.php
14 Geschichtliches aus Salzhemmendorf Webpräsenz Salzhemmendorf / Götter und Germanen / Tuisto
15 Salzhemmendorfer Internetpräsenz: Chronik von Thüste
16 Zur Äquivalenz von Suhle mit Säule siehe : Deutsches Wörterbuch, Artikel Suhle
17 : Annales I 61 , Übersetzung J. R.. Die Textstelle folgt unmittelbar der einzigen Erwähnung des Teutoburgiensis Saltus (I 60).
18 Funerary altar [Roman] (25.78.29)". In Heilbrunn Timeline of Art History. New York: The Metropolitan Museum of Art, 2000–. http://www.metmuseum.org/toah/works-of-art/25.78.29 (October 2006) Source: Funerary altar [Roman] (25.78.29) | Heilbrunn Timeline of Art History | The Metropolitan Museum of Art http://www.metmuseum.org/toah/works-of-art/25.78.29
19 Bilder heute noch vorhandener römischer Altäre
20 : Beschreibung der Saala …, Lemgo 1744, Seite 81 . Der Götze habe, wie er aber bezweifelt, auf dem Sürkenstein oberhalb von Salzhemmendorf gestanden.
Bei Hemmendorf, 1½ Meilen von Grohnde, fliesst auch eine Saale und zeigen sich dort Reste eines alten Kriegslagerplatzes auf einem dazu sehr geeigneten Vorsprunge der Thüster Berge, den Mommsen,Röm. Geschl. V S. 27 mit Drusus in Verbindung bringt …: Arbalo und Aliso; in: Festschrift zum fünfzigjährigen Jubliäum des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande; Adolph Marcus; Bonn;1. October 1891; Seite 114. http://teutoburgiensis.de/DE/1%20Magna%20Germania/1%20Magna%20Germania.html
22 : Untersuchung der römischen Provinzialisierung Germaniens. http://teutoburgiensis.de/DE/2%20Verkehrswege/2%20Verkehrswege.html#2.4_Die_Verbindungsstra%C3%9Fen_aus_der 2014-02-18
23 http://www.salzhemmendorf.de/geschichte-geschichten/geschichtliches-aus-salzhemmendorf/gotter-und-germanen/ Der dort geäußerten Gleichsetzung Ith = Idisenberg kann ich nichts abgewinnen.
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